Seriöse Züchter gibt´s nur im Verein...

 

 

Seit langer Zeit mal wieder ein Thema für den Blog… initiiert durch eine Anfrage auf ein Liebhaber- Meeri.

 

Grundsätzlich freue ich mich natürlich, wenn sich Meerschweinchen- Begeisterte VOR der Anschaffung Gedanken um die Herkunft, und allen damit verbundenen Vor- und Nachteilen, ihres Haustieres machen. Aber die Seriosität einer Zucht allein an deren Vereinszugehörigkeit(en) fest zu machen, scheint zwar ein einfacher Weg aus Sicht des Halters zu sein, ist aber leider sehr kurz gedacht. Ich kann an dieser Stelle natürlich nur für die Meerschweinchen- Szene sprechen, weil es das ist, wo ich Einblick habe, aber ich denke, es wird bei anderen Tierarten ähnlich sein.

 

Ich möchte an dieser Stelle also nun zusammenfassen, warum ich (und noch einige andere Zuchten) keinem Verein angehörte (bis 2021) und dennoch für mich reklamiere, seriös zu sein.

 

Die Rasse- Meerschweinchenzucht unterliegt in Deutschland keinem zentralen Verband, Zuchtbuch oder sonst irgendeiner Organisation, die das Zuchtgeschehen zentral steuert oder erfasst. Daraus resultiert, dass jeder Verein seine eigenen Standards vorschreibt, eine zentrale Erfassung der Zuchttiere, Würfe oder Prämierungen findet, meines Wissens nach, ebenfalls in keinem Verein statt.

 

Ø  Im Prinzip kann jeder Züchter damit tun und lassen, was er will. Einfach weil in den meisten Fällen gar nicht nachvollziehbar ist, ob zum Beispiel das Abstammungspapier korrekt ist oder wie viele Würfe eine Sau in welchem Zeitraum hat.

 

Nicht jeder Verein fordert von seinen Mitgliedern eine Züchterprüfung. Ob der Züchter also die entsprechende Fach- und Sachkunde vorweisen kann, hat absolut nichts mit der Mitgliedschaft in einem Verein zu tun. Natürlich gibt es grundlegendes Wissen, dass jeder Züchter parat haben MUSS. Es gibt auch auch solches Wissen, dass sich rein auf bestimmte Rassen oder Farben bezieht. Ob und wie detailreich Allgemein- und Spezialwissen vom Verein abgefragt wird, ist also auch reine Vereinsangelegenheit.

 

Ø  Als Beispiel benötigt jemand der Glatthaar- Meeris züchtet, nicht zwingend das Wissen, wo beim Peruaner- Meerschweinchen die Wirbel zu sitzen haben. Andersherum muss jemand, der Meeris in Schimmel oder California oder Himalaya (Liste beliebig erweiterbar) auf jeden Fall wissen, welche genetischen Besonderheiten vorliegen und beachtet werden müssen.

 

Anerkannte Rassen und Farben unterscheiden sich ebenfalls von Verein zu Verein. Zwar sind die am häufigsten vorkommenden Rassen in allen Vereinen anerkannt, aber eben nicht immer auch in allen Farben. Es gibt Vereine bei denen jede Rasse in jeder Farbe eine Anerkennungsprüfung durchlaufen muss (eine bestimmte Anzahl an Tieren, beiderlei Geschlecht in gleicher Farbe und gleicher „Zuchtqualität“). In anderen Vereinen ist es möglich jede Rasse- Farbkombination auszustellen ohne das es dazu einem Anerkennungsverfahren bedarf, wieder andere lassen alle möglichen Farb- und Rassebezeichnungen zu, unabhängig davon, ob man überhaupt von einer gefestigten Rasse oder Farbe sprechen kann.

 

Ø  Es lässt sich daher nur mit entsprechender Kenntnis der Vereinsstatuten etwas über die züchterische Leistung eines Einzelnen sagen. In einem Fall lag jahrelange züchterische Arbeit mit anschließender Anerkennung hinter einer Rasse-Farbkombination. Im anderen Fall hat sich, salopp gesagt, jemand eine neue Bezeichnung für eine, vielleicht zufällig, entstandene Variante ausgedacht und dabei keine sonderliche züchterische Leistung erbracht.

  

Ausstellungen und Shows organisiert auch jeder Verein nach eignen Statuten und Standards, Es gibt sog. Tischschauen, bei denen die Tiere aus der Transportbox auf dem Richtertisch präsentiert werden und binnen eines Tages wieder im heimischen Stall sind. Und es gibt sog. Käfigschauen, meist über 2 Tage, währenddessen die Tiere in Käfigen dem Publikum und den Richtern präsentiert werden. An welcher Veranstaltung man als Züchter teilnimmt, liegt wohl in erster Linie am eigenen Geschmack und an der zur Verfügung stehenden Zeit. Die Art der Ausstellung ist das eine, die vom Verein genannten Rassestandards und Vorgaben zur Präsentation das Andere. Es gibt, gerade im Bereich der Langhaarrassen, beispielsweise Unterschiede in der geforderten Felllänge. Im einen Verein ist bodenlang + maximal wenige Zentimeter erlaubt und gefordert, im anderen Verein ist dies die minimale Länge, besser und höher bewertet ist aber deutlich länger und es gibt zwischenzeitlich auch (leider) Klassen für gewickelte Tiere. Gewickelt bedeutet, dass das Tier mit hochgewickeltem Fell (mit Lockenwickler, Söckchen, ect.) gehalten wird und diese erst kurz vor der Schau entfernt werden- dies für natürlich zu einem Vorteil den Tieren gegenüber, die ihr Haar "offen" tragen. Ob diese Entwicklung im Einklang mit der von den Vereinen geforderten, artgerechten Haltung stehen kann, sei dahin gestellt…

 

Ø  Jeder Züchter entscheidet nach seinen Möglichkeiten ob und wie lange er für eine Ausstellung zeitlichen Aufwand betreiben kann und will. Zusätzlich hat sich in den letzten Jahren leider eine Entwicklung eingestellt, die m.M. nach nicht mit der von allen Züchtern geforderten artgerechten Haltung (besonders bei Langhaartieren) kompatibel ist.